I.
Meistens sitzt du da und starrst auf ein leeres Blatt Papier. Du beißt die Zähne fest zusammen, auch im Schlaf. Besonders dann. Du hast keine Angst vor der Dunkelheit, nur vor diesem Gefühl, das dich immer noch manchmal einholt. Du musst immer so viel nachdenken, wenn du allein bist, sagst du. Dabei verwirfst du jede Formulierung, die dir in den Sinn kommt. Du kannst nicht schreiben, weil du glücklich bist, sagt jemand. Weil niemand das Glück fassen kann, niemand maßt sich an, ein Lächeln in Worte fassen zu wollen. Und jenes wohlig-warme Gefühl im Innern - das erst recht nicht, das gehört dir allein, niemandem sonst. Niemand ist solch ein Ketzer.
Du würdest gerne zustimmend nicken, viele Male hintereinander. Du merkst es doch selbst. Manchmal ist es zu viel für dich, dann musst du dir auf die Unterlippe beißen und dich zusammenreißen. Du musst dann aufpassen, du musst die Augen fest zusammenkneifen oder weit aufreißen, man weiß vorher nie, was davon hilft. Aber du musst die Realität einblenden, all die kleinen fassbaren Beweise, die dein Lächeln gerechtfertigt machen.
Manchmal, da schmilzt du, bei all den Worten, da kannst du gar nicht anders. Du würdest sie nie im Leben laut aussprechen können, du verwahrst sie in deinem Herzen. Und das ist nicht kitschig, sagst du, das ist bloß schön. Nicht mehr und nicht weniger, das Ursprünglichste alles Schönen.
Dir würde es besser gehen, sagst du, nur heute, heute ist kein allzu guter Tag. Aber jetzt, wo ich deine Stimme höre, ist es gleich viel besser - das würdest du vielleicht sagen, wenn du dich trauen würdest. Trotzdem geht es dir besser. Du musst deine Stimmt ein bisschen unter Kontrolle bringen, aber im Grunde ist es viel, viel besser. An das Davor willst du gar nicht denken. Und es überrascht dich, dass du das gar nicht tun musst. Du hängst nicht an schlechten Erinnerungen, du musst dich nicht mehr selbst peinigen - du vernichtest, woran du nicht erinnert werden willst. Verdrängung, flüstert jemand in dein Ohr, du bist unehrlich. Du hörst gar nicht erst hin.
Du bräuchtest dir keine Sorgen zu machen, heißt es. Und dass das einfacher klingt als es ist, aber du könntest es ja versuchen. Ja, sagst du. Und noch einmal: Ja. Du sagst, es macht dich froh, und meinst glücklich, nur traust du dich wieder nicht, es zu sagen. Und wenn, dann sprichst du im Konjunktiv. Aber darum geht es meistens gar nicht.
II.
Du weißt schon, sagst du immer und grinst, du weißt ja, wie das ist. Vielleicht weil du Angst hast. Wahrscheinlich ist es sogar so. Aber du liest wieder mehr. Und nicht, um zu flüchten und dich unsichtbar zu fühlen. Du hast bloß Zeit. Da ist etwas, um das du dir eine zeitlang keine Gedanken machen musst. Das muss die Zeit sein, denkst du, die dir vor einer Weile abhanden gekommen ist.
Nur dass sie sich manchmal gegen dich wendet und du dir kindisch und verliebt vorkommst, weil du Angst hast, vergessen zu werden. Dass es nur dir so gehen würde, denkst du, du kannst dir einfach nicht vorstellen, dass jemand genauso fühlt wie du.
III.
Und dann - plötzlich - wirst du ruhig. Es ist nicht jene Ruhe, die in Erschöpfung übergeht, die von Hysterie und Tränen rührt. Es fühlt sich friedlich an, merkst du. Weil du nicht mehr dagegen ankämpfst. Du siehst in den schönen Worten nicht mehr die Schönheit, nicht die Komplimente und das Beruhigende, sondern die Wahrheit.
Du musst dich dann fragen, ob du sagen würdest, sagen könntest: Ich will das nicht wissen, wieso erzählst du mir das? Ich wäre lieber im Unklaren geblieben. Du kannst es dir nicht vorstellen und eigentlich weißt du, dass du vertrauen kannst. Und du weißt, dass es dich umbringen würde, wenn -
IV.
Es ist gut. Du weißt, dass es gut ist. Eigentlich fühlst du es.
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